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Zur Ableitung des Rotverschiebungsabstandes (Hubble-Gesetz):

Da ich den Eindruck habe, daß meine Ableitung des Hubble-Gesetzes nicht verstanden wurde bzw. wird (siehe hierzu auch das Ablehnungsschreiben von "New Astronomy"), wird es an dieser Stelle noch einmal abgeleitet, wobei einige zusätzliche Hinweise gegeben werden.
Die Ableitung des Hubble-Gesetzes im 1. Aufsatz ist natürlich richtig, sie ist aber vielleicht nicht ausreichend verständlich dargestellt.

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Synonyme:
- Lichtquelle: ist irgendeine der beobachtbaren Galaxien; beobachtete Galaxie
- Lichtsenke: ist ein Meßinstrument, daß z.B. einem Beobachter auf der Erde (d.h. innerhalb unserer Galaxis) gehört, in dem das beobachtete Photon absorbiert wird; Beobachtergalaxie

Verwendete Abkürzungen:
- ART: Allgemeine Relativitätstheorie
- SRT: Spezielle Relativitätstheorie
- RWM: Robertson-Walker-Metrik der ART
- Mpc: Megaparsec (in der Astronomie und Kosmologie übliche Dimension einer Länge)

Verwendete physikalische Größen und Variablen:
- t ist die Zeit
- r ist die zeitlich konstante Radialkoordinate der RWM; sie ist dimensionslos und hat keine unmittelbare physikalische Bedeutung
- S(t) ist der zeitlich variable Skalenfaktor, der für die Expansion aller Maßstäbe verantwortlich ist
- R(t) ist das zeitabhängige Produkt aus Skalenfaktor und RWM-Radialkoordinate, d.h. es gilt R(t) = S(t) r. R(t) beschreibt einen zeitabhängigen radialen physikalischen Ort. Wenn wir dieser radialen Ortskoordinate die Maßeinheit cm (oder, was den Kosmologen lieber ist: Mpc) zuordnen, bedeutet dies, daß S(t) dieselbe Dimension trägt.

Verwendete Indizes:
- E steht für Emission (des später beobachteten Photons)
- A steht für Absorption (des beobachteten Photons)
- Q steht für Licht-Quelle (beobachtete Galaxie)
- S steht für Licht-Senke (die Photonen absorbierendes Meßgerät eines Beobachters, der sich auch innerhalb einer Galaxie befindet; Ort der Beobachtergalaxie)

Verwendete einfache Zuordnungen und Zusammenhänge:
- tA ist der Zeitpunkt der Absorption des beobachteten Photons
- tE ist der Zeitpunkt der Emission des später beobachteten Photons
- rQ ist die zeitlich konstante radiale RWM-Koordinate der Lichtquelle (zeitlich konstant bedeutet, daß rQ zum Zeitpunkt der Lichtemission dieselbe Größe hat, wie zum Zeitpunkt der Lichtabsorption im Meßgerät)
- rS ist die zeitlich konstante radiale RWM-Koordinate der Lichtsenke (zeitlich konstant: siehe rQ)
- SA = S(tA) ist der Skalenfaktor zum Zeitpunkt der Absorption des beobachteten Photons
- SE = S(tE) ist der Skalenfaktor zum Zeitpunkt der Emission des beobachteten Photons
- RSE = SE rS = S(tE) rS ist der physikalische Ort des Lichtsenke zum Zeitpunkt tE
- RSA = SA rS = S(tA) rS ist der physikalische Ort des Lichtsenke zum Zeitpunkt tA
- RQE = SE rQ = S(tE) rQ ist der physikalische Ort des Lichtquelle zum Zeitpunkt tE
- RQA = SA rQ = S(tA) rQ ist der physikalische Ort des Lichtquelle zum Zeitpunkt tA
- RSA - RSE ist der Weg, den die Beobachtergalaxie im Zeitintervall t = tA - tE zurücklegt
- RQA - RQE ist der Weg, den die beobachtete Galaxie im Zeitintervall t = tA - tE zurücklegt
- RSA - RQE ist der scheinbare Abstand zwischen dem Ort der Lichtquelle zum Zeitpunkt tE und der Lichtsenke zum Zeitpunkt tA; genau diesen Weg legt das sich mit konstanter Lichtgeschwindigkeit c bewegende Photon im Zeitintervall t = tA - tE zurück, ehe es im Meßgerät des Beobachters verschwindet (wir haben hier stillschweigend angenommen, daß für die Lichtsenke rS > rQ gilt)

Eine etwas ausführlicher kommentierte Ableitung des Rotverschiebungsabstandes (Hubble-Gesetz):

Wir wollen nun schauen, wie mit Hilfe der soeben eingeführten physikalischen Größen das Hubble-Gesetz abgeleitet werden kann.
Die Gleichung (I,1) zeigt die RWM in ihrer allgemeinsten Ausprägung, d.h. in dieser Form ist sie für die nicht-euklidische Geometrie gültig:
(I,1)
Sie enthält einige der oben eingeführten Größen und die Winkelabhängigkeiten, die hier nicht weiter interessieren, weil im Urknallmodell alle Bewegungen radial sind (dj = dJ = 0). Die Krümmungskonstante e ist dimensionslos, und deshalb ist es auch sinnvoll und richtig, r ebenfalls als dimensionslos zu betrachten. Hierdurch bekommt der Skalenfaktor die Dimension einer Länge, weil die Dimensionen innerhalb der RWM insgesamt stimmen müssen.

Die Krümmungskonstante kann die Werte ±1 bzw. 0 annehmen, wobei die Null für den euklidischen Raum gilt, auf den wir uns sogleich beschränken werden, da die Messungen der Astrophysiker auf ein flaches Universum hinweisen [und zugleich die Ableitung des Hubble-Gesetzes etwas einfacher wird :-)]. Vielleicht hilft es dem Leser, wenn er sich die Radialkoordinate der RWM als eine radiale Abstandskoordinate innerhalb einer Einheitskugel vorstellt, die, wie es der Name schon sagt, einen Radius mit dem Wert 1 hat (diese Annahme ist besonders einsichtig, wenn wir e = 1 setzen). Hierdurch gilt ein physikalisch sinnvoller Bereich von 0 £ r < 1. Die Galaxien vom Universum können wir uns dann in allen radialen Richtungen bei den unterschiedlichsten Werten von r angeheftet vorstellen (sie ruhen im Koordinatensystem der RWM!), wobei die eigentliche Größe des Universums (und hierdurch auch die Abstände zwischen den Galaxien) durch den aktuellen Wert des Skalenfaktors festgelegt wird. Dies veranschaulicht auch die Gleichung
(I,2)

für e = 0.

Mit Hilfe der RWM folgt aus den Einsteinschen Gleichungen die Friedmann-Gleichung, die wir weiter unten benutzen werden.

Für ein sich mit konstanter Lichtgeschwindigkeit kräftefrei durch den euklidischen Raum bewegendes Photon gilt
(I,10)
wenn das Photon zum Zeitpunkt tE emittiert und zum Zeitpunkt tA absorbiert wird. Das Integral ergibt gerade den schon oben erwähnten Lichtweg eines Photons, das sich im Verlauf des Zeitintervalls t = tA - tE von der Lichtquelle zur Lichtsenke bewegt:
(I,7)
Wie man sich leicht klar macht, stimmt dieser Lichtweg nicht mit dem heutigen Abstand zwischen den beiden beteiligten Galaxien überein, da sich die Orte der beiden Galaxien wegen der Expansion der Raumes, beschrieben durch S(t), radial verändert haben, während das Photon unterwegs war. Aus diesem Grund ist der Begriff "scheinbarer Abstand" zwischen den beiden beteiligten Galaxien für den Lichtweg D durchaus zutreffend. Da der scheinbare Abstand positiv sein muß, gilt in Gleichung (I,7) rQ < rS. Während der Wanderschaft des Photons flieht die Beobachtergalaxie vor ihm, wodurch der vom Photon zurückgelegte Weg gestreckt wird. Diese Wegdehnung ist in Gleichung (1,7) bereits enthalten. In der klassischen Elektrodynamik ist die Intensität einer entfernten Lichtquelle umgekehrt proportional zur Entfernung vom Beobachter. Wenn wir hier die Gleichung (I,7) bzw. (I,10) für die Entfernung benutzen (gemessen durch den Lichtweg), die für die scheinbare Helligkeit m
(I,20)
maßgeblich ist (A ist eine Konstante), dann bewegen wir uns auf dem Boden der euklidischen Geometrie, wie es auch der oben gemachten Voraussetzung entspricht, d.h es sind keine zusätzlichen Raumkrümmungseffekte zu berücksichtigen, die die scheinbare Helligkeit auch noch beeinflussen könnten.

Die kosmologische Rotverschiebung wird durch
(I,9)
beschrieben und hängt somit ebenfalls in einfacher Weise mit dem Verstreichen des von uns gewählten Zeitintervalls zusammen (genauer: mit den Zeiten tE und tA).

Nun wenden wir uns der Friedmann-Gleichung
(I,11)
zu. Sie beschreibt nach Einführung der Masse M
(I,5)
den sich zeitlich ändernden Radius einer Massenkugel, die man sich gut als Modell für das Universum vorstellen kann. Wählen wir hier wieder das Zeitintervall t = tA - tE und fragen nach der Entwicklung des Radius innerhalb dieses Zeitintervalls, ergibt sich über
(I,13)
für das Zeitintervall
(I,14)
Wir haben hier beide Seiten der Gleichung mit der Lichtgeschwindigkeit multipliziert. RSA ist der Kugelradius zum Zeitpunkt tA und RSE ist der Radius zum Zeitpunkt tE. Da es mit der Friedmann-Gleichung nicht möglich ist, einen allgemeinen Beobachter innerhalb der Massenkugel zu beschreiben, haben wir ihn genau auf die Oberfläche dieser Kugel versetzt. Dies bedeutet, das der Absorptionsort des beobachteten Photons gerade RSA ist, und daß sich der Beobachter zum Zeitpunkt der Emission des Photons am Ort RSE befand. Zum Zeitpunkt der Emission befand sich die beobachtete Galaxie am Ort RQE irgendwo innerhalb der Friedmann-Kugel, und zum Zeitpunkt tA befindet sie sich am Ort RQA, d.h. auch wieder irgendwo innerhalb der Massenkugel. Die Orte RQA und RSE sind unbekannt und nicht von Interesse. Das Zeitintervall selbst kann nicht direkt bestimmt werden. Aber da wir nun im Besitz von drei Gleichungen mit den drei Unbekannten t = tA - tE, RQA und RSE sind, wird es uns nicht schwer fallen, diese zu eliminieren. Während des Zeitintervalls t laufen drei einfache physikalische Vorgänge ab: Der Skalenfaktor vergrößert sich von SE auf SA und verursacht hierdurch gemäß Gleichung (I,9) die Rotverschiebung, die Massenkugel vergrößert sich von RSE auf RSA und das Photon legt in der Zwischenzeit den Weg D = RSA - RQE zurück. Alle drei Vorgänge sind demzufolge über das unbestimmt bleibende Zeitintervall physikalisch miteinander verknüpft. Dies berechtigt uns dazu, durch Gleichsetzung der Gleichungen (I,10) und (I,14) zuerst das unbekannte Zeitintervall zu eliminieren:
(I,15)
In Gleichung (I,15) ist hauptsächlich die Größe RSE eine noch störende Unbekannte. RSA ist für die Kosmologie interessant, da sie die aktuelle Größe des Universums beschreibt und in einfacher Weise mit der Masse M zusammenhängt. Um RSE aus der Gleichung (I,15) zu eliminieren, erinnern wir uns an die Tatsache, daß die einfachen Beziehungen RSE = SE rS und RSA = SA rS gelten, weil rS während der Expansion erhalten bleibt (der Beobachter ruht an seinem radialen Koordinatenort!). Hierdurch kann die Gleichung (I,15) wie
(I,16)
geschrieben werden. Der letzte Schritt ist nun einfach, weil die beiden in die Gleichung (I,16) eingehenden Skalenfaktoren über die Gleichung (I,9) mit der Rotverschiebung zusammenhängen. Das Eliminieren des Quotienten in der runden Klammer der Gleichung (I,16) führt also auf
(I,17)
Wir wissen weiterhin, daß die Masse der Friedmann-Kugel im Verlauf der Expansion gemäß
(I,18)
konstant bleibt. Dieser Umstand wird nun genutzt, um die noch zwei unbekannten Größen M und RSA auf eine zu reduzieren. Das Ergebnis ist
(I,19)
Genau genommen benötigen wir nur die zwei linken Terme der Gleichung (I,18). Wir haben hier den über die astrophysikalischen Messungen bestimmbaren Parameter DA eingeführt, der die Maßeinheit einer Länge trägt und mit der heutigen Massendichte r(tA) = rA vom Universum gemäß
(I,19a)
verknüpft ist. Dieser Grenzabstand verändert sich also mit der zeitlichen Entwicklung der Massendichte, d.h. er folgt hierdurch der Ausdehnung des Universums.

Die Friedmann-Gleichung hat in der Newtonschen Physik eine einfache physikalisch anschauliche Bedeutung: Sie beschreibt die zeitliche Entwicklung des Radius R einer Materiekugel. Genau dieselbe Bedeutung hat sie natürlich auch in der relativistischen Kosmologie, die ja die Newtonsche Kosmologie als Näherung enthält. Die Friedmann-Gleichung beschreibt auf keinen Fall irgendwelche Abstände zwischen den Bestandteilen dieser Massenkugel. Dies sollten wir uns stets vor Augen halten (der Leser vergleiche hier mit dem ersten Abschnitt vom vierten Aufsatz).

Mit dem Erhalt der Gleichung (I,19) ist das wesentliche Ziel des ersten Aufsatzes erreicht. Der theoretische Rest des Aufsatzes beschäftigt sich nur mit der Umformung der Gleichung (I,19), um die den Astrophysikern zugängigen optischen Meßgrößen zu berücksichtigen. Hier setzt ein Kritikpunkt aus dem Ablehnungsschreiben von "New Astronomie" an: Es wird bezweifelt, daß D wirklich mit dem in den optischen Gleichungen benötigten Abstand übereinstimmt. Im Prinzip wurde auf dieses Problem weiter oben schon eingegangen: Der Abstand ist hier ein scheinbarer, der durch den vom Photon zurückgelegten Weg vermittelt wird. Da wir hier keinerlei Raumkrümmung berücksichtigt haben, gilt für den Lichtweg die einfache Formel D = ct und auch das einfache Intensitätsgesetz der klassischen Elektrodynamik. Deshalb ist alles in bester Ordnung, und bezüglich der Photonen ist genügend Relativität (so ein weiterer Kritikpunkt des schon genannten Ablehnungsschreibens) berücksichtigt worden. Man könnte meinen, daß die hier verwendete Friedmann-Gleichung nicht ausreichend Relativität enthält. Dies ist aber auch nicht der Fall, da diese Gleichung in der allgemein-relativistischen Kosmologie genauso aussieht, wie in der klassischen Kosmologie nach Newton. Im Übrigen sollten wir uns gerade darüber stark wundern, weil die begrenzte Lichtgeschwindigkeit in der ART und der zugehörigen Kosmologie keine direkte Wirkung zeigt! Genau dieser Umstand verleitet die heutigen Standard-Kosmologen dazu, sich mit einem äußerst spekulativen Urknall zu beschäftigen, der in kosmologischer Frühzeit ein Universum mit unendlicher Dichte und Temperatur zuläßt bzw. verlangt, und das auch noch in einem unendlich kleinen Volumen. Ich glaube, hierüber sollte jeder ernsthaft auf diesem Gebiet arbeitende Wissenschaftler einmal ganz scharf nachdenken. Ein sehr ähnlich gelagertes Problem hat übrigens die "Physik" der sogenannten Schwarzen Löcher. .....

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Copyright by Steffen Haase, Leipzig (2001)

letzte inhaltliche Änderung: 02.03.2005
letzte Schreibfehlerkorrektur: 13.05.2005