zum nächsten Artikel zum vorhergehenden Artikel zurück zur Artikelauswahl Kontakt Englisch

Inhalt
  1. Expansion des Universums und Hubble-Relation
  2. Expansionszeit, maximale Rotverschiebung und Expansionsgeschwindigkeit
  3. Größe und Dichte des Universums
  4. Lichtlaufzeit in Abhängigkeit von Rotverschiebung und scheinbarer Helligkeit
  5. Literatur
  6. Copyright

Zu einigen Problemen der modernen Kosmologie

IV. Ergänzungen

von St. Haase, Leipzig, BRD

Zusammenfassung:

Hier werden einige Ergänzungen zu den bereits erschienenen Teilen dieser Aufsatzreihe mitgeteilt. Insbesondere wird noch einmal auf den Unterschied zwischen der in Teil I abgeleiteten Hubble-Relation und der in der Literatur auffindbaren Hubble-Beziehung eingegangen. - Die Annahme, daß sich ruhemassebehaftete kosmische Objekte nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen können, führt zu einer heute maximal möglichen Expansionszeit für das Universum von texp = 7,37 x 109 Jahren. Hierdurch wird die beobachtbare Rotverschiebung auf zmax = 1,25 begrenzt. Für die mittlere Rotverschiebung ergibt sich deshalb <z> = 0,418. Zum Expansionsbeginn war der Radius des Universums gerade mit dem Schwarzschild-Radius RS = 1424 Mpc identisch. Die heutige Expansionsgeschwindigkeit des Universums beträgt 2/3 der Lichtgeschwindigkeit. Die maximale Dichte des Universums betrug zu Beginn der Expansion mit rmax = 8,32 x 10-29 g cm-3 nur das 11,4-fache der heute feststellbaren Dichte rA. - Für die Zurückblickzeit als Funktion der Rotverschiebung bzw. der scheinbaren Helligkeit werden einfache Gleichungen angegeben.

Abstract:

Some supplementations to already published parts of this essay are given. In particular we again deal with differences between the Hubble relation derived in part I and the Hubble relationship which can be found in the literature. The assumption that cosmic objects with rest mass cannot move faster than at speed of light, gives a today's maximum possible expansion time of texp = 7.37 x 109 years for the universe. Hereby the observable red shift is limited to zmax = 1.25. Therefore the mean red shift is < z > = 0.418. At the beginning of the expansion the radius of the universe was equal to the Schwarzschild radius RS = 1424 Mpc. The present velocity of expansion of the universe amounts to 2/3 of the speed of light. The maximum density of the universe rmax = 8.32 x 10-29 g cm-3 at the time of the beginning of the expansion was only 11,4 times the present ascertainable density rA. - Simple equations for the looking back time as function of the red shift and the apparent brightness, respectively, are given.

Key words: cosmology, Hubble relation, lock back time, red shift, Hubble time, expansion rate

zurück zum Inhalt

1. Expansion des Universums und Hubble-Relation

In Teil I dieser Aufsatzreihe (St. Haase, 2000) wurde für die Beschreibung der Bewegung einer Beobachtergalaxie die Friedmann-Gleichung
(I,10)
herangezogen, wobei sich der rechte Term der Gleichung durch die formale Einführung des Schwarzschild-Radius RS = 2MG/c2 ergibt. Diese einfache Differentialgleichung beschreibt den Radius R einer Materiekugel, der sich mit der Zeit ändert, wobei die Masse M innerhalb der betrachteten Kugel konstant bleibt.

Die unbestimmte Integration von Gleichung (I,10) ergibt für das Weg-Zeit-Gesetz des Radius der Materiekugel
(1)
während für die Zeitabhängigkeit der zugehörigen Geschwindigkeit
(2)
folgt. Die Gleichungen zeigen, daß der Radius der Materiekugel mit der Zeit wächst und die Geschwindigkeit mit wachsender Zeit bzw. wachsendem Radius abnimmt. Die Verzögerung der Expansion in Abhängigkeit von der Zeit wird durch
(3)
beschrieben. Gleichung (3) liefert zusammen mit den Gleichungen (1) und (2) den erwarteten Wert für den Verzögerungsparameter im hier betrachteten euklidischen Raum
(4)
Mit den Gleichungen (1) und (2) ergibt sich für das Verhältnis aus Geschwindigkeit und Radius
(5)
In der Literatur wird diese Beziehung in der Regel zur Definition des Hubble-Parameters benutzt, wobei alle in dieser Gleichung auftretenden physikalischen Größen auf den heutigen Zeitpunkt bezogen werden. Die Gleichung (5) zeigt wegen der physikalischen Bedeutung von R allerdings deutlich, daß die dort eingehende Geschwindigkeit nicht mit der Geschwindigkeitsdifferenz übereinstimmt, die auf Grund der allgemeinen Expansion des Universums zwischen zwei beliebig herausgegriffenen Galaxien existiert, und daß diese Geschwindigkeit auch nicht dem Lichtweg, d.h. dem scheinbaren Abstand zwischen diesen zwei Galaxien, proportional ist. Um die rechte Seite der Gleichung (5) als Hubble-Parameter betrachten zu können, müßte sich jede beobachtete Galaxie im Zentrum der das Universum repräsentierenden Materiekugel befinden (wie wir bereits wissen, befindet sich der Beobachter stets am Ort R). Dies trifft aber im allgemeinen Fall nicht zu! Für den scheinbaren Abstand zwischen zwei Galaxien wurde deshalb im Teil I die Größe D für den vom Licht zwischen zwei Galaxien zurückgelegten Weg eingeführt. Hiermit ergab sich für die Hubble-Relation die Beziehung (I,22)
(I,22)
Während die Gleichung (5) exakt ist, ist Gleichung (I,22) nur eine Näherung von der Gleichung (I,21)
(I,21)
Die Gleichungen (5) und (I,22) sind sich zwar sehr ähnlich, stimmen aber wegen der unterschiedlichen Bedeutung der eingehenden physikalischen Größen R und D nicht überein!

zurück zum Inhalt

2. Expansionszeit, maximale Rotverschiebung und Expansionsgeschwindigkeit

Da auch im Rahmen der Kosmologie die Forderung der Nichtüberschreitbarkeit der Lichtgeschwindigkeit für ruhemassebehaftete Materie besteht, ergibt sich aus der Friedmann-Gleichung (I,10) die Bedingung, daß stets R ³ RS gelten muß. Dieser kleinstmögliche Radius der Materiekugel führt zu einem ganz konkreten Zeitpunkt für den Beginn der kosmologischen Expansion. Dieser hier als Schwarzschild-Zeit tS bezeichnete Zeitpunkt wird nach Gleichung (1) zu
(6)
berechnet, wenn dort R = RS gesetzt wird. Die Zeitspanne tA = DA/c ist die Zeit, die das Licht benötigen würde, um die Strecke DA zurückzulegen. Zu erkennen ist die relativ geringe Zeitdifferenz zwischen dem anzunehmenden Expansionsbeginn und dem Heute. In Zahlen ausgedrückt ergibt sich tS = 3,1 x 109 Jahre. Da tA = (2/3) tH = 10,47 x 109 Jahre beträgt [die Hubble-Zeit tH ist der Kehrwert des Hubble-Parameters; vgl. mit Gleichung (I,22)], expandiert das Universum erst seit etwa texp = tA - tS = 7,37 x 109 Jahren. Dies ist mit dem Alter der Sonne gut verträglich. Während dieser Expansionszeit waren natürlich auch Photonen im Universum unterwegs, die bisher eine maximale Distanz von Dmax = c texp = (19/27) DA = 2256 Mpc (wegen DA = 3206 Mpc) zurücklegen konnten. Diese Photonen erreichen heute die Beobachter (z.B. auf der Erde) gemäß Gleichung (I,16)
(I,16)
mit einer maximalen Rotverschiebung von zma x = 1,25. Eine größere Rotverschiebung dürfte daher eigentlich nicht beobachtbar sein. Da dies trotzdem der Fall ist, ist die Ursache der noch größeren Rotverschiebungen außerhalb des Expansionsmodells vom Universums zu suchen. Eine einfache Erklärung für diese großen Rotverschiebungen wird im Teil V dieser Artikelserie gegeben.

An dieser Stelle sei auf die Abb.3 von Teil II der vorliegenden Aufsatzreihe erinnert: Dort findet sich das Maximum für die mittlere Rotverschiebung bei <z> = 0,4192 für eine Grenzrotverschiebung von zmax = 1,3. Für zmax = 1,25 wird <z> = 0,418 gefunden. Die Differenz zwischen den beiden Rotverschiebungsgrenzwerten könnte ihre Ursache in der noch recht ungenauen Bestimmung des Hubble-Parameters haben. Wird aus theoretischer Sicht verlangt, daß die maximal meßbare Rotverschiebung genau zmax = 1,3 betragen sollte, ergibt sich ein heutiger Hubble-Parameter von H = 61,5 km s -1 Mpc -1 statt H = 62,34 km s-1 Mpc-1.

Auf Grund der Begrenzung der Geschwindigkeit der Kugeloberfläche auf die des Lichtes liegen alle theoretisch erwarteten Rotverschiebungswerte vor dem Maximum der Kurve von Abb. (II,3), wodurch die in dieser Abbildung vorhandene Zweideutigkeit für die mittlere Rotverschiebung ausgeschlossen wird.

Während die Expansion des Universums offenbar mit der Ausdehnungsgeschwindigkeit der kosmischen Materiekugel dR/dt = c begann (wobei der Radius des Universums gerade R = RS betrug), beträgt diese Geschwindigkeit gegenwärtig
(7)
um in fernster Zukunft für R--> gegen Null zu streben.

Die recht große Hubble-Zeit tH markiert die Tangente im Weg-Zeit-Gesetz zum heutigen Zeitpunkt: Wenn sich die Beobachtergalaxie schon immer mit der heutigen Geschwindigkeit bewegt hätte (d.h. nie schneller oder langsamer), gäbe es die Expansionsbewegung schon tH Jahre, allerdings nur, wenn auch R < RS zugelassen wäre.

Der maximale Lichtweg Dmax verkörpert gleichzeitig die maximale gravitative Einflußsphäre, d.h. Gebiete, die weiter voneinander entfernt sind, als es Dmax angibt, konnten sich bisher gravitativ nicht beeinflussen.

zurück zum Inhalt

3. Größe und Dichte des Universums

Eine weitere interessante Beziehung ergibt sich aus der Gleichung (I,16b)
(I,16b)
wenn dort der heutige Radius RSA der Materiekugel mit DA gleichgesetzt wird:
(8)
Der heutige Radius DA der Materiekugel ist demnach nicht wesentlich größer als der Schwarzschild-Radius des Universums für den RS = 2MG/c2 = 1424 Mpc gilt.

Weil die Masse des sichtbaren Teils vom Universum im Verlauf der Expansion konstant bleibt [vgl. mit Gleichung (I,15)], folgt für die Dichte dieser kugelförmig gedachten Materieverteilung der Zusammenhang
(9)
Hier bezeichnet rA die heutige Materiedichte. Speziell gilt für die kleinstmögliche Ausdehnung R = RS dieser Materiekugel
(10)
Demnach betrug die Materiedichte nur etwa das 11,4-fache vom heutigen Wert, als sich die Galaxien zu Beginn der Expansion auf ihren langen Weg begaben. Für diese maximale Dichte ist die Einführung des Begriffes Schwarzschild-Dichte rS sinnvoll. Da diese maximale Dichte erstaunlich klein ist, dürfte es bereits zu diesem Zeitpunkt Galaxien gegeben haben. Mit dieser Annahme gibt es trotz der geringen Expansionszeit texp keine Diskrepanz zwischen dem bisherigen Expansionszeitraum und dem Alter der ältesten Kugelsternhaufen.

Für den Lichtweg D = DA - RS (dies ist die von der Beobachtergalaxie bisher zurückgelegte Distanz) ist die Rotverschiebung nach Gleichung (I,16) gerade z = 0,7171. Diese Tatsache ermöglicht eine ebenso einfache wie interessante Erklärung für das Maximum in der Abb. (II,2): Die meisten kosmischen Objekte je Rotverschiebungsintervall sind genau für den Lichtweg (scheinbarer Abstand der beobachteten Galaxien) sichtbar, der der Ausdehnungsstrecke des Universums seit Beginn der Expansion entspricht. Zu dem zugehörigen Zeitpunkt waren die Galaxien am dichtesten beieinander! Galaxien mit einer heute größeren Rotverschiebung waren zum Emissionszeitpunkt der Photonen bereits nicht mehr so dicht versammelt. Das letztere gilt auch für die uns näheren kosmischen Objekte. Außerdem sei hier angemerkt, daß Galaxien mit z > 1,25 erst in Zukunft zunehmend sichtbar werden.

zurück zum Inhalt

4. Lichtlaufzeit in Abhängigkeit von Rotverschiebung und scheinbarer Helligkeit

Des weiteren lassen sich einfache Gleichungen für jeden beliebigen Emissionszeitpunkt der Photonen in Abhängigkeit von der Rotverschiebung bzw. der scheinbaren Helligkeit angeben.

Die vom Photon benötigte Laufzeit (look-back time) in Abhängigkeit von der beobachteten Rotverschiebung beträgt wegen Gleichung (I,7)
(I,16)
Der Emissionszeitpunkt tE als Funktion der Rotverschiebung z berechnet sich hieraus wie folgt:
(11)
Speziell ergibt sich für den Emissionszeitpunkt von Photonen mit der Rotverschiebung z = 0,7171

Zu dieser Zeit expandierte das Universum bereits rund 1,552 x 109 Jahre. Für die Rotverschiebung z = 1,25 folgt der Emissionszeitpunkt tE = 3,102 x 109 Jahre, während z = 1,3 auf tE = 3,002 x 109 Jahre führt.

Die Lichtlaufzeit als Funktion der scheinbaren Helligkeit wird mit den Gleichungen (I,18)
(I,18)
und (I,16) durch
(12)
ausgedrückt. Die zugehörigen Zeitpunkte der Photonenemission in Abhängigkeit von der scheinbaren Helligkeit ergeben sich daher zu
(13)
Für den Emissionszeitpunkt tE = 3,1 x 109 Jahre, d.h. für den Beginn der Expansion, folgt eine scheinbare Grenzhelligkeit mgrenz = 21,86, wenn mA = 22,62 verwendet wird. Wenn alle Galaxien zu jeder Zeit dieselbe absolute Helligkeit aufweisen würden, könnte im heutigen Universum keine scheinbare Helligkeit dieser Objekte schwächer als mgrenz gemessen werden. Die Existenz noch lichtschwächerer kosmischer Systeme zeugt von der breiten Streuung der absoluten Helligkeiten bzw. von Entwicklungseffekten. Das Auftreten von mgrenz erklärt den schwarzen Nachthimmel auf einfache Weise. Objekte jenseits von mgrenz = 21,86 werden erst in der Zukunft sichtbar. - Es sei hier außerdem erwähnt, daß die mit Gleichung (13) erreichbare Genauigkeit von Emissionszeitpunkten verglichen mit der von Gleichung (11) recht gering ist, da die absoluten Helligkeiten der Galaxien beträchtlich schwanken.


zurück zum Inhalt

Literatur:

Haase, St.; www.xhaase.de (2001)

zum nächsten Artikel zurück zum Inhalt zum vorhergehenden Artikel zurück zur Artikelauswahl Kontakt Englisch

Copyright by Steffen Haase, Leipzig, 1998 and 1999

Letzte inhaltliche Änderung: 23.12.2000
Letzte Schreibfehlerkorrektur: 13.05.2005